Paul C. Wolfe Shelter
856,6 MI
TAG 66: 04/18/15, 9:19 PM
FLACHWITZ
Irgendwer scheint uns da ziemlich auf den Arm genommen zz haben, als er behauptete, Virginia sei flach – die Aufstiege der letzten Tage waren nämlich brutal schwer und gleichten Smokies-Niveau. Das Wetter hat auch nur bedingt mitgespielt, nach dem heftigen Regen am Dienstag, der uns verfrüht in das Dorf Glasgow zwang, blieb der Rest der Woche überwiegend sonnig und drückend warm – nicht gerade das was wir gebrauchen konnten, wenn wir Höhenunterschiede von über 2000 Fuß überwanden. Doch genug der Beschwerde, der Regen hatte auch sein Gutes: Statt erst am nächsten Morgen erreichten wir Glasgow schon am Nachmittag, verfrachteten sämtliche Kleidungsstücke vom Körper in den Trockner und machten es uns in dem städtischen Shelter am Waldrand wohnlich. Dort fanden wir sogar Bunkbeds, etliche Steckdosen, brauchbare Essensreste von Vormietern … all das also, wofür wir in einem Hostel ansonsten gutes Geld lassen. Den Abend ließen wir nach getanem Resupply gemütlich bei Pizza und Spaghetti ausklingen, während der Regen leise an die Scheiben klopfte und uns fast den dritten Zero aus den Knochen leierte…
Mehr oder minder gut ausgeruht – in der Nähe verliefen natürlich wieder Bahngleise und jeder durchfahrender Zug kündigt sich lautstark an – konnten wir in einem, sagen wir, „abenteuerlichen“ Pickup eine Fahrt zurück zum Trail ergattern und so schleppten wir uns die zehn Meilen zum Shelter. Nach einem Supermarktbesuch wiegen unsere Rucksäcke gefühlt das Doppelte als kurz vor einem solchen, dennoch fiel uns das Fehlen der Erdnussbutter leider noch nicht auf. Wir sollten erst später bemerken, dass wir sie vermutlich an der Kasse in einer der drölfzig Plastiktüten vergessen haben.
Ungerührt dessen machten wir größtenteils gute Meilen und warfen dadurch erneut unsere Planung durcheinander. Statt morgen Nachmittag sind wir so schon morgen vormittag in Waynesboro, VA und können ganz gemütlich zum AYCE-Chinesen flanieren – vielleicht treffen wir dort sogar andere Thruhiker, mit denen wir uns dort lose verabredet haben. Doch nicht nur übermäßige Völlerei winkt in der Stadt sondern auch der Wechsel unserer schweren und riesigen Winterschlafsäcke zum sommerlichen Pendant. Obwohl sie uns treue Dienst geleistet haben, freuen wir uns, mit ein paar Pfunden weniger auf dem Rücken, dafür vielleicht auf den Rippen, durch Shenandoah zu wandern. Angeblich soll das einfacher und flacher werden, falls das nicht auch wieder ein Witz war.