Front Royal, VA

Front Royal, VA

TAG 73: 04/25/15
DER APRIL, DER APRIL
Waynesboro überraschte uns nicht nur mit dem besten, chinesischen Buffet, welches wir sowohl in Deutschland als auch den USA bisher hatten, sondern auch mit einem sehr persönlichenund sauberen Hostel, welches von dem ehemaligen Thruhiker Adam “Stanimal” Stanley geführt wird. Dort verbrachten wir eine angenehme Nacht mit einem Teil unserer Hikerfamilie und wollten nach dem Pancakefrühstück am nächsten Morgen mit Blick aus dem Fenster gar nicht mehr starten, dort türmten sich nämlich schon die Wolken für das ab Nachmittag angekündigte Gewitter. Da uns noch das Verschicken und Abholen von Paketen erwartete und wir nicht planten, vor mittags los zu kommen, kam uns das nicht gerade entgegen. In einem der vielen Pakete befinden sich nun auch unsere großen und schweren Winterschlafsäcke, die wir nach Hanover, NH geschickt haben und gegen leichtere aus Deutschland getauscht haben – womöglich zu früh, denn schon in der ersten Nacht wurden wir eiskalt überrascht, abgesehen von den Blitzen, die lautstark links und rechts vom Shelter einschlugen und zusammen mit dem heftigen Regen ein schauriges Orchester bildeten. Da der nächste Tag weitaus freundlicher startete, als der letzte zuende ging, nahmen wir uns die bisher größte Tagestour vor und hatten uns überhaupt nicht auf ein erneutes Stelldichein mit Waynesboro eingestellt. Dieses wurde allerdings nötig, da sich die Vernietung eines Schultergurts am Rucksack löste und er so untragbar wurde. Glück im Unglück, denn im Shenandoah befindet man sich stets in Rufweite der Panoramastraße, die, mal mehr, mal weniger, aber immer wieder Autos führt. Nach recht kurzem Roadwalk fanden wir so einen willigen Touristen aus der Umgebung, der zufälligerweise zum Waynesboro’schen Outfitter unterwegs war. Nachdem der Schaden repariert und das Chinabuffet erneut geplündert wurde – wir konnten der Versuchung nicht widerstehen – brachte uns Adam noch am gleichen Abend zurück auf den Trail, samt Entdeckung eines Schwarzbärenjunges am dunklen Straßenrand. Auch diese Nacht sollte wie die folgende trotz schützender Zeltwand nicht merklich wärmer werden, weswegen wir Donnerstag uns fast entschieden, den Trail absichtlich zu verlassen. Der Shenandoah National Park ist selbstverständlich auch touristisch soweit erschlossen, dass es in Straßen- und somit Trailnähe Imbisse und Visitor Centers gibt, die Menschen anlocken – gute Chancen also, eine Fahrt in die nächste Stadt mit Motel und dem Verkauf von wärmeren Schlafsäcken zu ergattern. Die erste angesprochene Frau konnte uns zwar nicht fahren, drückte uns allerdings vollkommen kostenfrei zwei wärmere Schlafsäcke in die Hand, die sie im Kofferraum ihres Wagens mitführte. So wurde die darauf folgende Nacht wenigstens etwas komfortabler, auch wenn uns vor allem der Wind zu schaffen machte. Beteuerungen von Einheimischen à la „total ungewöhnlich für diese Jahreszeit „ und „letztes Jahr war es wärmer“ halfen uns da auch nicht mehr viel…

Kurzerhand entschlossen wir uns am nächsten Tag den National Park so schnell wie möglich mit dem Ziel eines Hiker-B&B zu verlassen, was uns nach dem Anhalten von vier verschiedenen Autos auch gelang. So kam schlussendlich der heutige Zerotag in Front Royal, VA zustande, der wie immer Resupply und Emails gewidmet ist. Die „Mountain Home Cabbin“ liegt im Schatten einer klassizistischen Villa, die die Betreiber Lisa und Scott zu einem richtigen Bed and Breakfast renovieren wollen. Die Führung durch ihr Projekt ließ nicht nur auf weitere drei Jahre Arbeit mit viel Herzblut schließen, sondern ließ in unserer Phantasie auch das Bild eines gemütlichen B&B entstehen.

Zwar bewahrte uns das großzügige Schlafsackgeschenk vor einem grausamen Frosttod, groß und schwer sind sie jedoch wieder – also genau das, was wir eigentlich loswerden wollten. So, wie es scheint, bleibt es in den kommenden Nächten noch kalt, doch mit einer von Lisa und Scott geliehenen Decke dürften wir durchkommen – kurz vor der 1000-Meilen-Marke und der ideellen Hälfte in Harpers Ferry machen wir doch nicht schlapp.

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