Hanover, NH

Aus Manchester wanderten wir lediglich zwei Meilen bis zum naechsten Shelter und verbrachten dort die Nacht mit Sectionhikern und Long-Trailern, andere Thruhiker des Appalachian Trails machten sich jedoch rar. Hatten wir in unserer vorherigen Planung niemals bedacht, in Vermont ordentlich Meilen machen zu koennen, knackten wir am naechsten Tag einfach mal unseren Rekord mit rund 28 Meilen – dafuer belohnten wir uns jedoch auch nach einem weiteren 20-Meiler mit gleich zwei Zerodays. Ort der Entspannung sollte das Hiker Hostel in Rutland, VT sein, welches von den „Twelve Tribes“ („Die Zwoelf Staemme“ in Deutschland) gefuehrt wurde: Einer religioesen Vereinigung, nicht unaehnlich der Amish People. In Gemeinschaft und unter totalitaerer sowie patriarchischer Fuehrung fuehrten sie neben dem Hostel ein gemuetliches Restaurant mit hervorragender Kost. Um unseren Geldbeutel ein wenig zu schonen nahmen wir das Angebot des Work For Stay in Anspruch – fuer unsere Uebernachtung im nach Maenner und Frauen getrennten Schlafsaal verbrachten wir insgesamt rund sechs Stunden mit Kartoffeln schaelen, gefrorene Erdbeeren und Bananen abwiegen und in Tueten packen, putzen usw. Da auch Mitglieder aus einer deutschen Gemeinschaft aktuell zu Besuch waren, wurden wir am ersten Abend zu einem Dessert und Kaffee eingeladen… waehrend wir stets von den deutschen Frauen unauffaellig „evangelisiert“ wurden. Man merkte deutlich, dass die Rekrutierung im Becken der AT-Hiker an einer sehr hohen Position stand, daher wurden wir fuer die naechsten drei Tage kaum in Ruhe gelassen. Wettgemacht wurde diese permanente Predigung aber auf alle Faelle durch das unfassbar gute Essen, da alle dort bleibenden Hiker ein Fruehstueck serviert bekamen.

Als wir am Mittwoch endlich entfliehen konnten, hatten wir erneut zwei 20-Meilen-Tage geplant, um heute in Hanover, NH sein zu koennen – und wie ihr lesen koennt, hat das mit minderen Verlusten auch geklappt. Unsere Beine sind von dem unablaessigen Auf und Ab ziemlich muede, unsere Koerper sind trotz dem in Deutschland verbotenen Einsatz des Insektizides „Deet“ zerstochen, doch wir freuen uns, endlich in New Hampshire zu sein. Der Spass faengt jetzt erst an, fuerchten wir.

Dachten wir schon in Harpers Ferry, der ideellen Haelfte, dass wir so unfassbar weit gekommen waeren, multipliziert sich dieses Gefuehl ins Unbegreifliche. Nur noch 440 Meilen trennen uns von unserem Ziel Mt. Katahdins, auch wenn dazwischen noch die White Mountains und Maines 100-Mile-Wilderness liegen. Das Hiker-Burnout, dass wir bei vielen Kompagnons und vor allem uns beobachten konnten, transformiert langsam aber sicher in Trotz und Biss – wir wollen einfach ankommen.

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